Über Geld spricht man nicht – so mahnt ein deutsches Sprichwort. Und vielleicht geht’s dir ja auch so, dass es dir unangenehm ist, über finanzielle Dinge wie Gehalt oder Ausgaben zu sprechen. Dabei sollten wir diese Maxime hinter uns lassen – wie sonst sollte man über strukturelle Probleme wie den Gender Pay Gap reden? Genau diesen wollen wir uns nun mal genauer anschauen.
Der Gender Pay Gap, auch Lohnlücke genannt, beschreibt die Differenz zwischen dem durchschnittlichen Brutto-Stundenlohn von Männern und Frauen. Der Gender Pay Gap berücksichtigt Personen, die nicht im öffentlichen Dienst, der Forst- oder Landwirtschaft und nicht in Betrieben mit unter zehn Mitarbeitenden tätig sind. |
Das erwartet dich:
Der unbereinigte Gender Pay Gap
Der bereinigte Gender Pay Gap
Ursachen für den Gender Pay Gap
Was tun gegen den Gender Pay Gap?
Der unbereinigte Gender Pay Gap
Der sogenannte unbereinigte Gender Pay Gap beschreibt den Unterschied zwischen Durchschnittsbruttoverdiensten von Frauen und Männern. Hier fließen Vollzeitbeschäftigte, Teilzeit- und geringfügig Beschäftigte, Praktikant*innen und Azubis mit ein. Faktoren, die den Lohn bestimmen, werden hier also nicht berücksichtigt.
Im Jahr 2023 lag der unbereinigte Gender Pay Gap bei 18 Prozent. Heißt: Frauen verdienen in Deutschland durchschnittlich 18 Prozent weniger pro Stunde als Männer. Dieser Wert ist seit 2020 nahezu unverändert. In konkreten Zahlen heißt das: Während Frauen durchschnittlich 20,84 Euro pro Stunde verdienen, bekommen Männer 25,30 Euro.
Der bereinigte Gender Pay Gap
Zieht man vergleichbare Eigenschaften heran wie beispielsweise Ausbildungsgrad, Beruf, Arbeitserfahrung oder Qualifikation von Frauen und Männern, entsteht der bereinigte Gender Pay Gap. Durch diese Faktoren fällt er geringer aus als der unbereinigte Gender Pay Gap. Genauer gesagt lag der bereinigte Gender Pay Gap in Deutschland 2023 bei 6 Prozent.
Das bedeutet, dass Frauen in vergleichbarer Tätigkeit und gleicher Qualifikation durchschnittlich 6 Prozent weniger pro Stunde verdienen als Männer. Auch wenn hier der Unterschied nicht mehr ganz so hoch ist: Von Gleichberechtigung ist das weit entfernt. Aber woran liegt das?
Ursachen für den Gender Pay Gap
Auch wenn die Gründe für das Lohngefälle zwischen Mann und Frau sehr komplex sind, so kann man sie der Einfachheit halber auf diese drei herunterbrechen:
- Segregation des Arbeitsmarktes
- Berufswahl und Branche
- Vereinbarkeit von Beruf und Familie
Segregation des Arbeitsmarktes
Das beschreibt die Tatsache, dass Frauen und Männer tendenziell in unterschiedlichen Branchen oder Wirtschaftssektoren arbeiten. Dazu zeigen Analysen, dass überwiegend Frauen Berufen nachgehen, die durchschnittlich schlechter bezahlt werden als die Jobs, in denen Männer dominieren.
Dabei sind aber nicht nur ökonomische Gesichtspunkte zu beobachten, sondern auch auf persönliche Empfinden. Das zeigte zumindest eine Studie von 2008, in der Proband*innen angeben mussten, ob sie Berufe für typisch „männlich“ oder „weiblich“ hielten. Darüber hinaus mussten sie die Jobs hinsichtlich Anforderungen oder vorausgesetzter Ausbildung bewerten. Es kam heraus, dass als „weiblich“ empfundene Jobs eher abgewertet und niedrigen Löhnen zugeordnet wurden.
Klar, was 2008 ermittelt wurde, muss 2024 nicht mehr aktuell sein. Dass wir aber heutzutage immer noch ein Lohngefälle zwischen Mann und Frau messen, könnte man als Indiz dafür sehen, dass die Berufe von Frauen nach wie vor monetär und sozial abgewertet werden.

Berufswahl und Branche
Auch der Verlauf einer Karriere hinsichtlich Berufswahl, Branche und Verhalten in einer Karriere kann als Ursache für den Gender Pay Gap gesehen werden. Insbesondere in Niedriglohnjobs wie Reinigung, Verkauf oder Gesundheitswesen ist der Frauenanteil ziemlich hoch. Auch der geringe Anteil an Frauen in Führungspositionen, den wir schon in einem anderen Artikel beschrieben haben, ist einer der Gründe für den Gender Pay Gap.
Der Grund dafür liegt am Stereotyp, dass sich die Frau um Kinder und Familienleben kümmere und demnach eher einen Beruf wähle, der eventuell eine bessere Vereinbarkeit von Job und Kids mit sich bringt. Ein weiteres Vorurteil ist, dass Frauen in Führungspositionen keine hinreichende Verfügbarkeit oder Leistung zugetraut wird, da diese aufgrund von Familienplanung und Kinderbetreuung höhere Unterbrechungszeiten als Männer hätten.
Vereinbarkeit von Beruf und Familie
Eine weitere Ursache für den Gender Pay Gap sind Unterbrechungen in der Karriere – und folglich auch im Gehalt. Das sieht man gut daran, dass sich das Gehalt am Anfang der Karriere bei Mann und Frau ähnlich steigt – nachdem die Frau das erste Kind bekommt (durchschnittlich mit knapp 30), erhöht sich das Einkommen des Mannes weiterhin. Jenes der Frau stagniert hingegen. Die Folge: Frauen arbeiten mehr in Teilzeit, was wiederum geringere Aufstiegs- und Verdienstchancen mit sich bringt.
Dem liegt eine ungleiche Verteilung der Aufgaben in Ehe oder Partnerschaft zugrunde. Immer noch wird mehr Care-Arbeit von Frauen ausgeführt und um eine Doppelbelastung zu vermeiden, arbeiten sie dann häufiger in Teilzeit.
Zwar beobachtet man (unter anderem auf Social Media) immer mehr Männer, die sich mit Themen wie Care-Arbeit oder Kinderbetreuung auseinandersetzen und so versuchen, starren Rollenbilder aufzubrechen – statistisch ist dieser Ausbruch aus den Rollenklischees aber bisher nicht zu sehen. Das mag auch daran liegen, dass gerade (werdende) Mütter allein schon gesetzlich (durch Mutterschutzgesetz) stärker in die Versorgerrolle gedrängt werden.
Was tun gegen den Gender Pay Gap?
Nun magst du dir – gerade als Frau – vielleicht denken: Uff, ist das ungerecht, was kann man dagegen tun? Eine berechtigte Frage!
Das Entgelttransparenzgesetz
Eine Antwort der Politik ist das sogenannte Entgelttransparenzgesetz, das im Juli 2017 in Kraft getreten ist. Dadurch soll die finanzielle Benachteiligung von Frauen beseitigt werden, indem der gleiche Lohn für die gleiche oder gleichwertige Arbeit gezahlt werden soll. Das Gesetz umfasst diese Punkte:
- Individueller Auskunftsanspruch: Arbeitgeber mit über 200 Beschäftigten müssen ihren Mitarbeitenden auf Anfrage erläutern, nach welchen Kriterien sie wie bezahlt werden.
- Betriebliche Verfahren zur Überprüfung und Herstellung von Entgeltgleichheit: Private Arbeitgeber mit mehr als 500 Beschäftigten werden dazu aufgefordert, ihre Entgeltstrukturen auf die Einhaltung der Entgeltgleichheit regelmäßig zu überprüfen.
- Bericht zur Gleichstellung und Entgeltgleichheit: Arbeitgeber mit mehr als 500 Beschäftigten, die lageberichtspflichtig sind, müssen zudem regelmäßig über den Stand der Gleichstellung und der Entgeltgleichheit berichten. Diese Berichte sind für alle einsehbar.
Und dennoch liegt der bereinigte Gender Pay Gap 2023, also sechs Jahre nach Einführung des Gesetzes, immer noch bei 6 Prozent. Demnach zeigt das Gesetz wenig Wirkung. Der Grund: Nur die wenigsten Beschäftigten machen von ihrem Recht Gebrauch, weil sie das Gesetz gar nicht kennen. Und nur wenige Unternehmen checken ihre Entgeltstrukturen freiwillig und veröffentlichen Berichte zur Gleichstellung.
Was da helfen könnte: eine stärkere Regulierung seitens der Politik, mehr Druck auf Unternehmen und möglicherweise sogar Sanktionen für Unternehmen, die ihren Pflichten nicht nachkommen.
Gleichstellungscheck
Und selbst wenn das Gesetz ideal umgesetzt wird, so gibt es immer noch zahlreiche kleine Unternehmen, diesen Bestimmungen nicht unterliegen – beispielsweise solche mit weniger als 200 bzw. 500 Mitarbeitenden. Ein Mittel der Politik ist beispielsweise der KMU-Gleichstellungscheck – eine Art Selbsttest, mit dem Unternehmen ihre Gleichstellung zwische Frauen und Männern prüfen können. Dabei sind auch Handlungsempfehlungen und einfache Praxisvorschläge enthalten.
Rollenbilder durchbrechen gegen Gender Pay Gap
Wie wir gesehen haben, liegen viele Gründe für die ungleiche Bezahlung von Mann und Frau in tradierten Rollenbildern und Erwartungen, die daraus an das jeweilige Geschlecht gestellt werden.
Wir täten uns also alle einen Gefallen, wenn wir uns von Klischees verabschieden. Das ist leichter gesagt als getan, eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und ein langer Prozess – aber es ist nicht unmöglich. Denn die Geschichte zeigt ja, dass es beispielsweise heute im Jahr 2024 schon gleichberechtigter läuft als beispielsweise noch vor 50 Jahren.
Eine spannende Maßnahme, um auf den Gender Pay Gap aufmerksam zu machen, ist der Equal Pay Day. Das ist ein weltweiter Aktionstag, der immer an genau dem Tag stattfindet, bis zu dem Frauen über ein Gehaltsjahr zusätzlich arbeiten mussten, um durchschnittlich das gleiche Einkommen zu bekommen wie Männer. Dieses Jahr findet er am 6. März 2024 statt. Erst dann haben Frauen also genauso viel verdient wie Männer im Jahr 2023. |
Konkrete Hilfsangebote
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes gibt dir in ihren FAQs viele Antworten und Tipps rund um den Gender Pay Gap. Dazu gehören auch Infos darüber, was deine rechtlichen Möglichkeiten sind, wenn du schlechter bezahlt wirst als männliche Kollegen.
Auch wir bei LEARNING DIGITAL wollen dich empowern, als Frau für deinen Wert auf dem Arbeitsmarkt einzustehen. Darum bieten wir dir ein individuelles Bewerbungscoaching unter anderem zum Thema Gehaltsverhandlung an, wenn du bei uns eine Weiterbildung von mindestens acht Wochen absolvierst. Wirf also gleich mal einen Blick auf unsere Kursvielfalt und informier dich zum Bewerbungscoaching.