Du oder Sie, eher formal oder doch informell, freundlich, nachdrücklich oder nur schachlich? Wie geht die richtige digitale Kommunikation via E-Mail, Messenger oder Social Media Post? Wie man achtsam kommunizieren kann und dabei dennoch viel mehr erreichen kann, das klären wir hier.
Ohne Stimme und Mimik wird digitale Kommunikation schwierig
Wir kommunizieren immer mehr über digitale Kanäle und immer weniger in persönlichen Gesprächen. Uns fehlt bei diesem zwischenmenschlichen Austausch ein wichtiger Faktor: nämlich der Mensch uns gegenüber. Laut dem US-Psychologen Albert Mehrabian geschieht Kommunikation nur zu 7 Prozent durch Worte – der Rest wird über Ton, Stimme, Gestik und Mimik vermittelt. Wenn unser Gegenüber uns also im Gespräch anlächelt und mit uns in einer sanften ruhigen Stimme spricht, empfinden wir seine Botschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit auch freundlicher. Fehlt jedoch die Stimme und Mimik, fehlt auch ein wichtiger Indikator für uns, die Botschaft als gut oder schlecht einschätzen zu können. Nehmen wir die Floskel „Echt jetzt”: Ohne Tonfall und Gesichtsausdruck dazu und nur als geschrieben Worte können wir nicht einschätzen, ob es überrascht, gelangweilt oder vielleicht sogar sarkastisch gemeint ist. Wir als Empfänger*in können nur raten. Und das birgt ein hohes Potenzial für gravierende Missverständnisse. Umso wichtiger ist es, achtsam zu kommunizieren.
Digitale Kommunikation ohne Regeln klappt nicht
Ein weiteres Problem der digitalen Kommunikation sind fehlende Sprachregeln. Wenn man sich im Internet einen der vielen E-Mail-Knigge anschaut, liest man meistens, eine E-Mail sei nur ein digitaler Brief. Vorgeschlagen werden unterschiedliche Anreden und Verabschiedungen, wie „Sehr geehrter xyz“, „Sehr geehrte Alle”, „Mit freundlichen Grüßen“, „Beste Grüße“ oder gar „Liebe Grüße“ – was die einen respektvoll finden, empfinden andere als albern oder unhöflich. Denn eine E-Mail ist viel mehr als ein digitaler Brief. Sie hat sich zu einem täglichen Kommunikationstool auf allen Ebenen unseres Lebens, sowohl geschäftlich wie privat, entwickelt. Immer mehr Firmen stellen deshalb eigene Sprach- und Schriftkniggen für die geschäftliche Kommunikation zur Verfügung, um einerseits ein sprachliches Chaos zu verhindern und andererseits eine Wiedererkennbarkeit in der Firmenkommunikation, dem dem sogenannten Corporate Wording, zu etablieren.
Mehr Freundlichkeit wagen
Vielen Unternehmern ist mittlerweile bewusst, dass das Menschliche in der Kommunikation einen wichtigen Faktor für mehr Erfolg bei den Kunden darstellt. Sie führten in Briefen und Mails die Anrede „Lieber Herr und liebe Frau sowieso“ ein, statt „Sehr geehrter Herr“ oder „Sehr geehrte Frau“. Was nur als Kleinigkeit abgetan werden könnte, ist jedoch ein großer Schritt, die Empfänger*innen auf eine freundliche und höfliche Art anzusprechen. Ganz ähnlich wie in einem persönlichen Gespräch, wenn man eine fremde Person bei der ersten Begrüßung anlächelt und sich vorstellt.
LMAO oder was?
Zwar hat sich im Bereich Short Messages eine Art der Abkürzungssprache etabliert, die aber im geschäftlichen Bereich nicht einsetzbar ist: LOL, ASAP oder DAU in einer geschäftlichen E-Mail werden als anmaßend empfunden und da nicht jeder die Bedeutungen kennt, kann es schnell zu Missverständnissen führen. Oder kennst du die Bedeutung all dieser Abkürzungen? Die Auflösung findest du hier. In Kurznachrichten via Firmen-Chat und mittlerweile auch in E-Mails und beispielsweise in Newslettern wird gerne auf Emoticons zurückgegriffen, um die fehlende Mimik durch ein freundliches Pixelgesicht zu ersetzen. Auch hier verbirgt sich ein hohes Potenzial an Missverständnissen, da die meisten die Bedeutung wieder nicht kennen. Betende Hände können auch als High Five interpretiert werden oder ein Emoji mit roten Wangen soll Erstaunen darstellen, aber es bedeutet, dass man sich schämt.
Kulturelle Unterschiede beachten
Wir in Deutschland neigen dazu, bei Fragen schnell zum Punkt zu kommen. Das wird im Ausland oft als unhöflich wahrgenommen, da wir gerne auf höfliche Floskeln der Effizienz wegen verzichten. Anstatt „Wann kann ich mit dem Dokument rechnen?” besser „Hallo liebe*r XX, ich weiß, du hast viel auf dem Tisch. Schaffst du es mit dem Dokument heute noch oder kann ich dich dabei unterstützen?“ schreiben. Auch kommen kulturelle Unterschiede dazu: Wir finden das ständige „I hope this email finds you well“ des britischen Kollegen vielleicht überflüssig. Dafür erscheint ihm möglicherweise die harte Direktheit der Deutschen in E-Mails wie „Hey John, could you send me this document asap?“ als unhöfliche Unart.
Erzen oder Ihrzen?
Wer höflich kommuniziert, wird Messages effizienter und konfliktfreier an die Empfänger*innen bringen. Durch Höflichkeit minimiert man den Spielraum für Missverständnisse. Die Linguist*innen Robin Lakoff und Geoffrey Leech zeigen auf, dass nahezu alles, was zu einer guten Beziehung beiträgt, auch als höflich wahrgenommen wird. So hilfreich sprachliche Normen auch sind, sie verändern sich stetig und bleiben kulturell unterschiedlich, was am Beispiel der höflichen Anrede deutlich wird: Im 18. Jahrhundert war das Ihrzen nach französischem Vorbild modern, später wurde das Erzen und dann das Siezen zur Norm. Bis ins 20. Jahrhundert war es noch gang und gäbe, dass Kinder „Herrn Vater“ und „Frau Mutter“ siezen; in der gehobenen französischen Gesellschaft ist das immer noch so.
Digitale Kommunikation: So geht es richtig!
Aber wie kommuniziert man jetzt in der digitalen Welt richtig? Das hängt von mehreren Faktoren ab. Zuerst einmal von dem Empfänger. Menschen, die immer schon viel in Form von Briefen kommuniziert haben, empfinden eine fehlende korrekte Anrede als unhöflich. Auch Halbsätze, Aufzählungen und fehlende Höflichkeit irritieren. Eine schnell herunter geschriebene E-Mail mit Rechtschreibfehlern wird als unprofessionell und unpersönlich wahrgenommen, in der Regel erreicht man damit nichts.
Dazu spielt natürlich die Art der Beziehung eine Rolle. Fremde Empfänger*innen einfach zu duzen und in einem kumpelhaften Ton anschreiben, ist ebenfalls heikel.
Und schließlich ist die Situation ausschlaggebend. Stundenlanges Hin- und Herschreiben raubt allen Beteiligten den letzten Funken Verständnis für eine zielführende Kommunikation. Aber auch ein zu knappes wie „Geht klar” hat seine Tücken. Wer nicht im richtigen Maße kommuniziert, hinterlässt den Eindruck, man sei genervt von einer Konversation. Gerade bei einem schriftlichen Feedback kann Knappheit gefährlich sein. Schreibt jemand etwa gerade an einem wichtigen Text, kann unkonkretes Feedback wie „Text funktioniert hier nicht“ als persönlicher Angriff aufgefasst werden – und hilfreich ist es auch nicht.
Der Ton macht auch in digitaler Kommunikation die Musik
Vielleicht hast du das auch schon mal beobachtet: Der Ton einer digitalen Botschaft wird immer etwas feindseliger aufgenommen als beabsichtigt. Wenn wir meinen, eine positive E-Mail zu formulieren, wird sie eher neutral gelesen – und meinen wir sie neutral, wird sie als negativ wahrgenommen. Das liegt daran, dass unsere Möglichkeit, uns mit der schreibenden Person empathisch zu verbinden, fehlt. Im Zweifel sind wir lieber skeptisch. Wenn wir uns also bei der Formulierung und Beantwortung von digitalen Nachrichten etwas Zeit für Freundlichkeit nehmen – auch unter Zeitdruck – und dem Empfänger in die formale oder informelle Richtung richtig einordnen, sollte es mit dem Ziel, das man richtig verstanden und sein Anliegen auch möglichst korrekt angebracht wird, funktionieren. Im Zweifelsfall und wenn es möglich ist, wirken Anrufe oder Videocalls Wunder. Denn hier sind sie wieder, die wichtigen Faktoren einer guten Kommunikation: Ton, Stimme, Gestik und Mimik!
Hier die besten Tipps – kurz und knackig
- Gute, dem Empfänger angepasste digitale Kommunikation mit einer freundlichen Umgangsform.
- Niemals das Persönliche zu kurz kommen lassen.
- Digitale Nachrichten bewusst lesen und verstehen, im Zweifelsfall lieber nachfragen.
- Sei in deiner Kommunikation immer authentisch, ehrlich, transparent, engagiert und persönlich
- Öfter mal anrufen als schreiben, um so die Distanzen bei fehlendem Ton, Stimme, Gestik und Mimik zu überwinden.
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Und hier die Auflösung:
LMAO: Laughing my ass off
LOL: Laughing out loud
ASAP: As soon as possible
DAU: Dümmster anzunehmender User
Pingback: 9 Top Leadership Skills für 2024 | LEARNING DIGITAL Blog on 6. Oktober 2023
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