Sven war der erste Mitarbeiter bei der Gründung von LEARNING DIGITAL und hat die Inhalte unserer Lean Management Kurse entscheidend mitgestaltet. Er hat über 30 Jahre Berufserfahrung als Teamleiter in verschiedenen großen internationalen Unternehmen gesammelt. Nach dem Abitur ging er zwei Jahre zur Marine und studierte anschließend Maschinenbau an der Schnittstelle zu Elektrotechnik, was man heute Mechatronik nennt.
Schon nach zwei Jahren im Beruf hatte er die erste Führungsverantwortung als Gruppenleiter im Vertrieb. Dann wurde Sven Leiter in der Materialwirtschaft und Logistik, Leiter EDV & IT und stellvertretender Betriebsleiter. Früh entdeckte er seine Leidenschaft für Lean Management. Nach einer beruflichen Auszeit machte er eine Ausbildung zum zertifizierten Dozenten. Als Generalist in diesem Bereich und durch die vielfältige Erfahrung kann er heute unseren Teilnehmenden sehr viele praktische Informationen und Beispiele geben, was sehr geschätzt wird. Sein Motto: Theorie rüberbringen ist recht einfach – aber das mit Praxis zu untermauern zu können ist besser. Privat geht er gerne mit dem eigenen Segelboot auf Törns und ist mit seiner Frau ein Superteam im Paartanz.
Hallo Sven, die erste Frage lautet schlicht: Was ist Lean Management genau?
Lass es mich so erklären: Unternehmen bestehen eigentlich nur aus zwei Komponenten: aus Menschen und aus Prozessen. Und die Menschen bestimmen die Prozesse, arbeiten in den Prozessen und entwickeln diese weiter. Beim Lean Management geht es darum, Prozesse so zu managen, dass man sie verschlanken kann. Schlank heißt: ausgerichtet im extremen Maße auf das, was die Kunden haben wollen. Und ausgerichtet darauf, wirklich nur das zu schaffen, was die Kund*innen haben möchten. Alles andere gilt im Lean Management als Verschwendung.
Daher richtet sich Lean Management in erster Linie an jede Form von Unternehmen, die mit Prozessen arbeiten. Es wird gerne interpretiert, dass Lean Management nur etwas für die Produktion ist. Die Idee des Lean Managements stammt aus Japan, aus dem Produktionssystem von Toyota. Es war ursprünglich nur auf die Produktion ausgerichtet und hat sich erst über die Jahre zum neuen Lean Management entwickelt. Das Entscheidende beim Lean Management ist aber, dass es überall dort einsetzbar ist, wo es um Prozesse geht.
Man hört ja auch oft von der Lean Philosophie. Was ist denn das Philosophische am Lean Management?
Diese Denke, nach der Lean Management funktioniert – also Verschwendung zu vermeiden –, ist eine Art Philosophie, die nach fünf Prinzipien funktioniert. Diese Philosophie muss man erstmal verstehen. Und die Philosophie in einem Unternehmen zu leben, ist eine schwierige Sache. Wir arbeiten und denken nicht lean, wir denken ergebnisorientiert. Wir denken nicht daran, dass die Prozesse, die zum Erfolg gehören, das entscheidende sind. Der Weg ist das Ziel. Darum geht es beim Lean Management. Um dann zu verstehen, wie wir diese Philosophie auf unsere Prozesse umsetzen und wie wir diese optimieren, um die Kundschaft zufriedenzustellen, ist reine Wertschöpfung. Alles andere sollten wir versuchen, zu eliminieren. Damit können wir sehr viel erreichen.
Es gibt noch zwei andere Aspekte in der Lean Philosophie: Zum einen geht es darum, Unternehmen flexibel zu machen, so dass sie auf Kundenanforderungen schnell und flexibel reagieren können. Und zum anderen ist es natürlich wichtig, Gewinne zu generieren. Kein Unternehmen kann ohne Gewinne leben.
Was kannst du uns zur Zukunftsfähigkeit von Lean Management sagen?
Für mich ist Lean Management eine der Denken und eine der Methoden, mit der ein Unternehmen absolut zukunftsfähig wird. Ein Unternehmen, das voll auf die Wertschöpfungskette ausgerichtet ist und dadurch auch hochflexibel wird, hat eine große Zukunftsfähigkeit. Industrie 4.0 setzt das im Prinzip technisch um. Dort werden Prozesse so miteinander verknüpft und vernetzt, dass zwischen den einzelnen Prozessschritten keine Verschwendung mehr ist.
Okay, die Philosophie im Lean Management haben wir nun einfach erklärt. Wie bringt man das Ganze in die Praxis?
Damit Lean Management und die Philosophie dahinter praktisch umgesetzt werden, gibt es drei Säulen, die ich jetzt erkläre.
- Die erste Säule ist das Shopfloor Management, das sich tatsächlich mit der Arbeit in den Prozessen beschäftigt. Das findet also dort statt, wo man am Produkt oder der Dienstleistung arbeitet.
- Die zweite Säule nennen wir Lean Production oder Total Productive Management. Dort geht es um all die Effekte rund um die Produktion bzw. um den Prozess. Beispiele dafür sind Arbeitsplatzorganisation, Instandhaltung von Equipment und Maschinen, Arbeitssicherheit und Umwelt- und Gesundheitsschutz.
- Dann gibt es weitere Säulen, die nicht ganz so bekannt sind, zum Beispiel im Lean Office Bereich oder Lean Administration Bereich. Hier geht man mehr auf Prozesse im Bürobereich ein.
Lean Management will ständig verbessern, was auch ständig verändern bedeutet. Dazu gibt es den sogenannten kontinuierlichen Verbesserungsprozess, der parallel zu allen anderen Prozessen läuft. Dieser Prozess überwacht alle anderen Prozessschritte und Prozesse und sorgt dafür, dass wir die eigentlichen wertschöpfenden Prozesse immer effektiver und effizienter machen.
Wie setzen wir dieses Wissen in unseren Kursen für unsere Teilnehmenden um?
Die ersten Basics gibt es im Lean Management Grundkurs, den sollte man auf jeden Fall erst einmal absolvieren. Darauf aufbauend kann man dann schauen, in welche Richtung es weitergehen soll: eher produktionsorientiert oder im Bereich Shopfloor Management als klassisches Prozessmanagement. Geht man eher in die administrative Richtung, ist es wichtig, den kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu verstehen. Der ist eigentlich mit eigenen Methoden und Tools weitestgehend unabhängig von der Produktion. Sonderthemen wie FMEA (failure mode and effects analysis) bieten sich als Ergänzung bei Produktplanung und Verbesserung an. FMEA ist eine Methode zur Fehlerminimierung und somit zur Risikominimierung.
An wen richten sich dann unsere Lean Management Kurse?
Zumindest sollten die Teilnehmenden prozessorientiert denken können und Spaß daran haben. In allen Themen des Lean Managements geht es ja um Prozessoptimierung. Man sollte Prozesse verstehen, nicht unbedingt nur in technischer Hinsicht. Es ist schon hilfreich, wenn man in diesem Bereich eine gewisse Berufserfahrung hat. Für Quereinsteiger*innen, die noch nie mit beispielsweise Prozessen zu tun hatten, dürfte es etwas schwierig sein. Idealerweise sind unsere Teilnehmenden Führungskräfte, weil sie in ihrem Bereich immer für Veränderungen verantwortlich sind und sie können aus den verschiedensten Fachbereichen kommen.
In welchen Berufsfeldern ist Lean Management vertreten?
Im Prinzip in allen Berufsfeldern, in denen es Prozesse gibt. Das beginnt mit der*dem Meister*in aufwärts, die in Produktionsprozessen tätig ist oder im kaufmännischen Bereich mit Prozessverantwortung. Gerade Geschäftsführer*innen oder Führungskräfte haben mit Prozessen zu tun, denn sie führen ja Menschen. Um Lean Management letztendlich einzuführen und zu leben, braucht man daher unbedingt Führungskompetenz. Dazu passt auch das Stichwort Change Management, das ergänzt sich ideal. Wer sich zum Beispiel im Bereich Leadership weiterbilden will oder im Change Management Verantwortung übernehmen will, ist ein*e ideale*r Kandidat*in für das Lean Management.
Wie sehen die aktuellen Berufsaussichten im Bereich Lean Management aus?
In allen Bereichen werden Fachkräfte gesucht, das ist nichts Neues. Besonders werden Fachkräfte im Prozessmanagement gesucht, weshalb sich die Frage von selbst beantwortet. Die Berufsaussichten sind also sehr gut. Alle, die ein Basiswissen im Lean Management besitzen, können in den verschiedensten Bereichen eines Unternehmens tätig werden, selbst in Start-ups. Auch hier braucht es über kurz oder lang Prozesse. Mit dem Lean Management kann man eine unglaubliche Breite abdecken. Einschränkungen sehe ich eher im Bereich Versicherungen und Banken, weil diese sehr administrativ arbeiten. Lean Management hat eher seinen Platz in Richtung produzierendem Gewerbe und im Dienstleistungsgewerbe.
Danke für diese spannenden Einblicke, Sven! Was kannst du uns als Fazit mitgeben?
Man sollte eine Ambition haben, Prozesse ändern zu wollen und Interesse daran haben, zu führen. Lean Management einzuführen ist eine große Aufgabe, dazu benötigt man ohne Frage Führungskompetenzen. Wenn ich anschließend Lean Management lebe, hängt es sehr stark davon ab, wie die Unternehmenskultur gelebt wird. Stichworte: positive Fehlerkultur und Kommunikationskultur. Das klassische disziplinarische Denken ist hier kontraproduktiv. Entscheidungs- und Verantwortungskompetenz muss dahin delegiert werden, wo sie hingehört – nämlich dort, wo das Wissen ist. Das erinnert schon ein wenig an Holokratie.
Du möchtest im Bereich Lean Management durchstarten und bei Sven eine Weiterbildung machen? Dann schau auf unserer Kursseite vorbei: