Egal ob in der Produktion, der Logistik, im allgemeinen Management oder in den zahlreichen anderen Branchen des Arbeitsmarkts: Probleme zu lösen steht gerade im Zeitalter der Digitalisierung immerzu an erster Stelle. Lean Management – eine mittlerweile etablierte Methode im Prozessmanagement – kann hier äußerst hilfreichen Input liefern. Warum es sich dabei um mehr als eine bloße Toolbox handelt und wie die zugrundeliegende Philosophie dabei hilft, Optimierungen zu schaffen und Probleme jedweder Art nachhaltig zu lösen, erfährst du jetzt.
Was ist Lean Management überhaupt?
Wenn man sich Gedanken darüber macht, inwiefern Lean Management dabei helfen kann, Optimierungen in der Arbeitswelt zu ermöglichen, ist die Beantwortung der Frage „Was ist Lean Management?“ Grundvoraussetzung:
Lean Management: Definition Konkret benannt wurde das Konzept zur kontinuierlichen Prozessoptimierung erstmals 1990 – im Klassiker „The Machine That Changed the World“ von James P. Womack, Daniel T. Jones und Daniel Roos (zu deutsch: „Die zweite Revolution in der Autoindustrie“). Heute hat sich Lean Management als bewährte Unternehmensphilosophie etabliert, die sich durch Kundenorientierung, Vermeidung von Verschwendung, Kostensenkung und dem Streben nach Perfektion auszeichnet und die in Methoden wie Shopfloor Management, Lean Production und Kontinuierlichem Verbesserungsprozess (KVP) ihre praktische Umsetzung findet. |
Am wichtigsten ist es, in diesem Kontext zu begreifen, dass es sich bei Lean Management um weit mehr als eine Vielzahl an Methoden und Werkzeugen handelt: Es geht um eine Denkweise, die oftmals erst aktiv im Unternehmen verankert werden muss. Möchte man Lean Management in Unternehmen implementieren, stößt man nicht selten auf Widerstände in der Belegschaft. Warum das so ist, erklärt sich auch aus psychologisch-menschlicher Sicht.
Lean Management im Alltag oder: Legobrücken für Fortgeschrittene
Man stelle sich vor, Eltern und Kind sitzen zusammen beim Spielen mit Legosteinen. Eine Brücke soll gebaut werden. Über einige Zeit hinweg wird Stein auf Stein gesteckt – zwei Brückenpfeiler entstehen. Doch als die eigentliche Brücke auf die Pfeiler gesetzt werden soll, wird klar, dass die Pfeiler unterschiedlich hoch sind. Was ist der erste Impuls, dieses Problem zu lösen? Wahrscheinlich der Gedanke „Oh, ich brauche wohl noch einen Stein …“. Zumindest ging es dem US-amerikanischen Professor Leidy Klotz in oben beschriebener Situation so – währenddessen hatte sein Sohn bereits einen Stein vom höheren Brückenpfeiler entfernt (vgl. Honsel 2022) und die Brücke war perfekt.
Doch was hat das mit Lean Management zu tun? Die Antwort erfordert zunächst eine Erklärung: Professor Leidy Klotz wurde durch das Erlebnis mit seinem Sohn neugierig: Warum war seine erste Intention, sich umzudrehen und in der Legokiste nach einem zusätzlichen Stein zu kramen, während sein Sohn den wesentlich einfacheren Weg wählte? Folglich initiierte er eine Studie, in der er das Phänomen untersuchte. Das Ergebnis: Menschen neigen dazu, additive Problemlösungen zu präferieren und übersehen häufig die Möglichkeit der subtraktiven Lösungen. Sprich: Etwas hinzuzufügen ist für uns scheinbar reizvoller und einfacher als etwas wegzunehmen – selbst dann, wenn das Wegnehmen weit effektiver wäre. Prozessoptimierung mit Lean Management fokussiert sich deshalb darauf, Prozesse schlank zu halten und Verschwendung zu vermeiden und würde im Lego-Beispiel klar der Lösung des Sohns entsprechen.
Weniger ist mehr: die Quintessenz der Prozessoptimierung
Dass man häufig nicht auf Anhieb auf die effektivste Lösung im Sinne der Lean-Philosophie kommt, liegt laut Studienergebnis daran, dass subtraktive Lösungen dem menschlichen Gehirn mehr Anstrengung abverlangen (vgl. Wieselberg 2021). Auch Widerstände oder Skepsis der Belegschaft lassen sich dadurch erklären: Lean-Philosophie wirkt zunächst vielleicht kontraintuitiv und „bedroht“ Prozesse und Abläufe, die sich eingebürgert haben und in denen man sich wohl fühlt.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass das Streben nach Perfektion und Prozessoptimierung im Sinne der Lean-Philosophie im menschlichen Hirn zunächst auf Widerstand stößt. Aus diesem Grund ist es umso wichtiger, bei der Implementierung und Umsetzung von Lean Management zunächst das grundlegende Mindset zu verinnerlichen und alle Mitarbeiter*innen mit ins Boot zu holen. Hier gilt generell das Motto „Weniger ist mehr!“ Folgendes Zitat von Antoine de Saint-Exupéry beschreibt dies sehr treffend:
Nur, wenn man diese Denkweise verinnerlicht hat, kann sich eine tatsächliche Bereitschaft zur kontinuierlichen Verbesserung etablieren – und nur dann wird man auch langfristig erfolgreich sein.
Lean Management und die Bedeutung für die Arbeitswelt
Warum es tatsächlich sinnvoller ist, die Problemlösung des Sohns zu präferieren, erschließt sich, wenn man das Beispiel in ein reales Bauprojekt transferiert. Wie bereits erwähnt, ist es vor allem die Vermeidung von Verschwendung, die im Lean Management hohe Bedeutung hat.
In der Realität würde die Beschaffung eines zusätzlichen Bauteils zu Wartezeit bei den Mitarbeiter*innen führen und für zusätzliche Material- und Transportkosten sorgen. Die Wegnahme eines Bauteils auf einem Brückenpfeiler kann sofort erfolgen und kostet somit viel weniger Zeit und verursacht weniger zusätzliche Kosten. Es ist also tatsächlich im Sinne der Verschwendungsvermeidung, wenn man auf ein zusätzliches Bauteil verzichtet.
Insgesamt führt die Anwendung von Lean Management dazu, dass Unternehmen sich langfristig, nachhaltig und kundenorientiert weiterentwickeln. Wer in einer schnelllebigen Welt nach Perfektion strebt, kommt nicht daran vorbei, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln. Dazu ist es hilfreich, im Unternehmen einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu etablieren.
Mit KVP zur Perfektion
Der kontinuierliche Verbesserungsprozess (KVP) ist ein zentraler Bestandteil der Lean-Philosophie und hat seine Ursprünge im japanischen „KAIZEN“, was ins Deutsche übersetzt so viel heißt wie „die Veränderung zum Besseren“. Im Grunde steht der Begriff für kleine, aber stetige und positive Prozessänderungen, die mit der Zeit die Effizienz und Arbeitsweise innerhalb von Teams, Abteilungen oder ganzen Unternehmen optimieren.
Durch den Einsatz von KVP-Gruppen wird in der Praxis dafür gesorgt, dass das ganze Unternehmen die übergreifende Unternehmensphilosophie versteht und ihr Handeln danach ausrichtet. Um die natürlichen psychologischen Blockaden zu überwinden, müssen KVP-Expert*innen bzw. Lean Manager*innen nicht selten aktives Change Management einsetzen. In erster Linie müssen sie aber selbst Philosophie, Methoden und Werkzeuge verstehen und anwenden können.
Du siehst deine berufliche Zukunft in der Prozessoptimierung oder möchtest dir praxistaugliche Methoden hierzu aneignen, um dein Unternehmen zur Perfektion zu führen? Dann empfehlen wir dir unseren 8-wöchigen Weiterbildungskurs im Lean Management mit der Vertiefungsrichtung KVP.
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