Ralf ist gebürtiger Kölner, verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Er ist in der Eifel und später in Unterfranken aufgewachsen, bis er nach Hessen gezogen ist, wo er heute auf dem Ländle im Rhein-Main-Gebiet mit seiner Familie lebt. Ralf arbeitete 26 Jahre bei der Fluggesellschaft Condor in Führungsverantwortung. Als die Muttergesellschaft Thomas Cook 2019 Insolvenz angemeldet hatte, hat Ralf sein Berufsleben nochmal komplett umgekrempelt. Für ihn ein glücklicher Neustart: Nach einer erfolgreich absolvierten beruflichen Weiterbildung bei LEARNING DIGITAL startete Ralf vor zweieinhalb Jahren bei uns als Dozent für agiles Projektmanagement und im Besonderen für SCRUM durch.
Lieber Ralf, erkläre uns bitte, was hinter dem Begriff Scrum steckt und was der Unterschied zu anderen Projektmanagement Methoden ist.
Scrum ist eine iterative, also eine sich immer wiederholende Vorgehensweise für agiles Projektmanagement. Man könnte sagen, man macht kleine, kurze und knackige Sprints. Man plant nicht viel im Voraus, sondern fokussiert sich bei Scrum auf die wesentlichen Dinge. Was steht als nächstes an, ist die Leitfrage – und nicht das, was in drei Monaten kommt. Man macht kleine Schritte. Der Begriff Scrum kommt aus dem Rugby und bedeutet ein abgestimmtes Vorgehen, bei dem man taktisch in kleinen Schritten vorgeht. Die Devise ist: fokussiert an aktuellen Problemen arbeiten und diese schnell lösen. Das Team und der Kunde stehen im Mittelpunkt und nicht die Planung. Somit ist Scrum eine sehr gute Antwort auf die immer größer werdende Dynamik und Komplexität unserer Zeit.
Im klassischen Projektmanagement machst du erstmal einen Projektplan, baust eine Infrastruktur auf und irgendwann fängst du dann mal an. Vielleicht hast du etwas nach längerer Zeit produziert und fängst an zu testen, um es release-fähig zu machen. Es können also 5-6 Monate vergehen, bis der Kunde überhaupt zum ersten Mal etwas sieht. Bei Scrum hast du ein Zeitfenster von maximal vier Wochen. Am Ende dieses Sprints ist etwas da, was funktionsfähig ist, du dem Kunden präsentieren kannst und er sein Feedback geben kann. Beispiel Website: Nach vier Wochen kannst du sie schon online schalten, die ganzen zusätzlichen Features aber kommen erst noch. Es geht einfach schneller und du bleibst flexibel.
Aus welchen Bereichen kommen unsere Teilnehmenden?
Unsere Teilnehmenden kommen tatsächlich aus allen Bereichen. Von Quereinsteigern*innen aus dem Journalismus bis hin zu promovierten Akademikern*innen. Und auch Teilnehmende aus dem klassischen Projektmanagement, die sich die agile Vorgehensweise anschauen und ihren Horizont erweitern wollen, sind dabei. Scrum ist auch kein Männerthema, das ist sehr ausgewogen. Das Alter spielt ebenfalls keine Rolle. Von Studierenden bis Arbeitnehmer*innen, die schon 30 Jahre im Berufsleben stehen, sind alle dabei.
Viele Arbeitnehmer*innen machen ja Projektmanagement in ihrem Beruf, ohne es wirklich zu realisieren. Gibt es eine bestimmte Branche, die stark vertreten ist?
Nein, das ist völlig unterschiedlich. Es gibt keinen Branchenschwerpunkt. Projektmanagement wird überall gebraucht und eingesetzt. Die meisten Teilnehmenden bringen schon Erfahrungen im Projektmanagement mit.
Erzähl uns was über das Berufsbild eines*einer Scrum Masters.
Ein Scrum Master ist ein Servant Leader. Im Gegensatz zum klassischen Projektmanagement haben wir ja nicht diese vertikale Struktur einer Projektleitung, die für alles verantwortlich ist. Scrum passt gut zum Thema New Work, Stichwort Sinnhaftigkeit und aktive Beteiligung am Projekt. Man holt sich eben nicht jeden Morgen befehlsartig Aufgaben bei der Leitung ab, die man am Tag erfüllen soll. Stattdessen ist Self-Management gefragt, um wirklich auch alle Ressourcen im Team bestmöglich zu nutzen.
Scrum ist eher horizontal aufgehängt. Die Aufgaben der Projektmanager*innen verteilen sich auf alle Beteiligten – und das auf Augenhöhe. Der Scrum Master schaut, was gebraucht wird und hat die Effizienzsteigerung im Blick. Die Beteiligten in einem Scrum Team nennt man Accountabilities: Scrum Master, Product Owner und Developer. Ein Team zur Höchstleistung zu bringen geht nicht dadurch, dass ich jedem sage, was er oder sie zu tun hat. Ich muss die Leute abholen, Verantwortung und Freiheit bieten. Dann entsteht Kreativität und Höchstleistung. Scrum ist also darauf ausgelegt, Kreativität, Flexibilität und Produktivität zu steigern.
Gibt es bestimmte Einstiegsvoraussetzungen für eine berufliche Weiterbildung als Scrum Master?
Das ist eine heiße Frage. Um das Zertifikat bei scrum.org zu erwerben, gibt es keine Voraussetzungen. Das kann jede*r machen. Was ich meinen Teilnehmenden immer wieder sage, um die Erwartungshaltung einzufangen, ist: Dieser Kurs, den wir hier anbieten, zielt darauf ab, dich auf die Prüfung vorzubereiten. Fertiger Scrum Master bist du nach vier Wochen nicht. Dazu gehören natürlich noch andere Voraussetzungen, die du erst in deiner Arbeitswelt erlangen kannst. Da die Scrum Prüfung auf Englisch ist, sind Sprachkenntnisse jedoch unverzichtbar. Und man sollte gut mit Menschen umgehen können und einen Faible fürs Coaching haben.
Wie sieht der Stellenmarkt für Scrum Master derzeit aus?
Ich habe immer wieder Teilnehmende, die sich im Nachgang bei mir persönlich bedanken. Durch unsere berufliche Weiterbildung haben sie rasch eine neue Position in diesem Bereich gefunden. Scrum Master werden oft gesucht, da viele Firmen auf das agile Projektmanagement umstellen. Ich glaube, dass die Denk- und Vorgehensweise im klassischen Projektmanagement auch Stärken hat, aber in einer dynamischen und immer komplexer werdender Geschäftswelt sind agile Arbeitsmethoden unverzichtbar. Es findet gerade ein Umdenken Richtung agilem Projektmanagement statt.