Kaum ein Tag vergeht, auf dem wir auf Instagram nicht ins glamouröse, chaotische, spannende Leben unserer liebsten Influencer*innen eintauchen. Aber sind dir auf Instagram schon mal virtuelle Influencer begegnet? Wenn ja, ist dir das vielleicht gar nicht aufgefallen, denn virtuelle Influencer*innen handeln auf den sozialen Kanälen genauso wie ihre realen Kolleg*innen – aber sind rein virtuelle Figuren. Sie werden programmiert und mit einem Algorithmus ausgestattet, der eine eigene Persönlichkeit entstehen lässt. Damit werden sie zum immer größeren Trend im Influencer und Social Media Marketing.
Wer sind die virtuellen Influencer?
Eine der wohl bekanntesten virtuellen Influencer ist wohl „Lil Miquela”: 19 Jahre alt, Model und kunstbegeistert, aus L.A. In kurzer Zeit hat sich dieser digitale Avatar eine Followerschaft von 2,8 Millionen (Stand: März 2023) aufgebaut. Das Geheimnis: Lil Miquela wurde von angesagten Brands wie Dior oder Prada ausgestattet und ist Teil von Kampagnen für große Modelabels. Kurzum: Sie steht echten Models in keiner Weise nach. Animiert, gutaussehend und immer dem Zeitgeist entsprechend kann Lil Miquela ihren Look unkompliziert ändern und sich aktuell auf Trends einlassen.
Neben Lil Miquela gibt es noch zahlreiche andere virtuelle Influencer wie beispielsweise Lu, die über 6 Millionen Follower erreicht. Es gibt auch schon die ersten virtuellen Influencer aus Deutschland: Noonoouri hat über 400.000 Follower und war sogar schon live im Fernsehen zu sehen, bei den AboutYou-Awards. Der jüngste Clou in Sachen virtuelle Influencer ist die Band Mave, die komplett digital entstanden ist und gerade überall für Aufsehen sorgt.
Wer setzt auf virtuelle Influencer?
Große Marken haben erkannt, dass es ohne virtuelle Influencer nicht geht und setzen sie daher als Teil ihrer Social Media Strategie ein. Zudem gehen mit digitalen Avataren als Influencer weniger Kosten einher: aufwendige Planung, Location, Catering, Flüge etc. fallen weg. Klar, das Programmieren kostet Geld – gerade langfristig können diese Kosten allerdings geringer ausfallen als bei Kooperationen in der echten Welt, da virtuelle Influencer natürlich kein Honorar verlangen.
Risiken der virtuellen Influencer
Natürlich gibt es auch Nachteile, die mit einem Avatar als Influencer eingehen: Zu wissen, dass es sich nicht um einen echten Menschen handelt, sondern um ein virtuelles Konstrukt, das täuschend echt aussieht, kann abschreckend wirken. Diesen Effekt nennt man uncanny valley: Das bezeichnet genau dieses unangenehmen Gefühl, das aufkommt, wenn etwas real aussieht und es doch nicht ist.
Ein weiterer Punkt ist das Thema Authentizität: Wir lieben Influencer*innen, weil sie echt und natürlich sind – und nicht perfekt. Daher kann die Identifikation mit virtuellen Influencern und ihren Avataren auf Instagram schwerfallen. Theoretisch kann ein virtueller Influencer frei von Makeln, Fehlern, Skandalen sein – und frei von Pickeln, Dellen und Dehnungsstreifen. Dieser Perfektionismus kann (auch ohne virtuelle Influencer) einen gefährlichen Körperkult auslösen. Virtuelle Influencer wie Sylvia, die beispielsweise natürlich-virtuell altern, sind bisher selten.
Virtuelle Influencer machen, was Unternehmen wollen
Genau dieser Perfektionismus ist es, der noch ein ganz anderes Problem hervorruft: Da sie ledigliche digitale Avatare sind, sind virtuelle Influencer komplett kontrollierbar – von Programmierer*innen genauso wie von Unternehmen. Natürlich gibt es auch bei der Arbeit zwischen realen Influencer*innen und Unternehmen Briefings und vertragliche Vereinbarung, in denen bestimmte Wordings zu Produkten vorgegeben oder ausgeschlossen werden. Dennoch bleiben es die Influencer*innen, die letztlich sagen, was sie sagen. Bei virtuellen Influencern hingegen wird jedes Wort, jedes Outfit, jeder Textbeitrag, jede Mimik gesteuert. Wie ehrlich und authentisch zum Beispiel eine Produktbewertung ist, bleibt fragwürdig und wirft viele Fragen rund um digitale Ethik auf.
Zwischen Potenzial und Verantwortung
Generell lassen sich virtuelle Influencer genauso wie ihre echten Kolleg*innen betrachten: Man kann Reichweite schaffen, den Ruf einer Marke oder deren Wahrnehmung fördern – und das auf neuen, unkonventionellen Wegen. Dennoch sollten wir uns bewusst sein, dass auch virtuelle Influencer einen Einfluss auf die Identitätsbildung haben können. Das ist gerade gegenüber einer jungen Zielgruppe wichtig und Influencer*innen – ob virtuell oder real – haben eine Vorbildfunktion und sollten sich dieser Verantwortung bewusst sein.