Wer sich in der digitalen Welt bewegt, kommt in letzter Zeit kaum um das Thema „Künstliche Intelligenz” (KI) herum. Und gerade durch Tools wie ChatGPT kommt die Frage auf, welche Vorteile und Grenzen KI hat. Und vielleicht bist auch du schon mal einer KI begegnet, ohne dass du’s mitbekommen hast. Denn KI im Recruiting wird immer häufiger eingesetzt. Das verspricht zum einen, die Abläufe im Bewerbungsprozess zu beschleunigen und zu vereinfachen. Zum anderen kommt mit KI im Recruiting auch viel Skepsis einher. Welchen Einfluss künstliche Intelligenz im Bewerbungsprozess haben kann, erfährst du jetzt.
Anwendung von KI im Recruiting
Wann hast du zuletzt eine Bewerbung in Papierform verschickt? Eben. Die meisten Unternehmen nehmen heute nur noch digitale Unterlagen entgegen – ein Symptom der Digitalisierung, die auch im Personalwesen längst angekommen ist. Dadurch entstehen gerade in großen Unternehmen, die täglich zahlreiche Bewerbungen bekommen, riesige Datenmengen. Da die meisten Bewerbungsunterlagen also digital vorliegen, liegt es nahe, sich Unterstützung durch KI zu holen, um der enormen Datenmenge gerecht zu werden.
1. Chatbots
Vielleicht hast du das schon mal gesehen: Bei vielen Unternehmen gibt es auf den Karriereseiten eine Chatbot-Funktion, die man rund um die Uhr erreichen kann. Ein Chatbot kann dir einfache, häufige Fragen beantworten und teilweise auch spezifische Fragen an die entsprechende Ansprechperson weitergeben.
2. Stellenausschreibungen
KI im Recruiting kann Personaler*innen bei der Optimierung von Stellenanzeigen unterstützen. Die Systeme können beispielsweise vorherige Job-Ausschreibungen unter die Lupe nehmen und Vorschläge für neue Schlagwörter etc. machen. So haben Bewerber*innen es in Zukunft leichter, diese Anzeigen zu finden.
3. Analyse von Bewerbungsunterlagen
Die meisten Bewerbungen heutzutage werden entweder in einem Bewerberportal oder als PDF per Mail übermittelt. Das gibt der KI die Chance, die Unterlagen formal und auf Vollständigkeit hin zu prüfen. Darüber hinaus kann eine KI Kandidat*innen ausfindig machen, die aufgrund definierter Anforderungen für den Job infrage kommen könnten. Recruiter*innen bekommen von der KI dann eine Vorauswahl zusammengestellt.
4. CV Parsing
Darunter versteht man das automatische Auslesen und Analysieren von Lebensläufen. Dabei filtert die KI bestimmte Bewerberdaten und lädt sie in ein Bewerbermanagement-System. Dabei werden einzelne Textbausteine mittels semantischer Analyse erkannt. Diese Technologie wird vor allem im E-Recruiting eingesetzt, damit Recruiter*innen schnell sehen, wer zur ausgeschriebenen Stelle passen könnte.
5. KI in Job-Interviews
Unglaublich, aber wahr: Es gibt KI-Systeme, die Videos analysieren und anhand von Mimik, Gestik, Wortwahl und Sprache ein Persönlichkeitsprofil erstellen. Während diese Technik in Deutschland umstritten ist, wird sie beispielsweise in den USA und asiatischen Ländern angewandt.

Wahrnehmung von KI im Recruiting
Vermutlich ist es gerade die umstrittene Technik, die für wenig Akzeptanz seitens Bewerber*innen für KI im Bewerbungsprozess führt. Einer repräsentativen Studie zufolge stehen die meisten Befragten KI im Recruiting skeptisch gegenüber; 43 % vermuten sogar, dass KI einen negativen Einfluss hat. Der Grund dafür ist der Faktor Mensch, der ein basaler Bestandteil des Recruitings ist und der durch die KI ersetzt wird. Daher befürchten knapp 60 % der Befragten, dass Recruiting durch KI unpersönlicher wird und zwischenmenschliche Aspekte in den Hintergrund rücken.
Das wird auch daran deutlich, dass die Ablehnung gegenüber KI größer wird, je tiefer im Recruiting-Prozess sie eingesetzt wird. So befürworten fast 60 % der Befragten den Einsatz von KI beim Verfassen von Stellenausschreibungen – während nur 28 % das Führen von Bewerbungsgesprächen mittels KI begrüßen. Schließlich kommt die Studie zu dem Gesamtergebnis, dass etwa zwei Drittel der Befragten davon ausgehen, dass der Einsatz von KI im Recruiting steigen wird. Maßnahmen, die die Skepsis lindern könnten, sind zum Beispiel:
- menschliche Ansprechperson während des gesamten Prozesses
- die Möglichkeit, zwischen Mensch und KI auszuwählen
- mehr Infos zum Einsatz von KI
Diskriminierung durch KI?
Die Studie offenbart einen anderen interessanten Aspekt: Befragte mit Migrationshintergrund reagieren insgesamt positiver auf den Einsatz von künstlicher Intelligenz im Bewerbungsprozess als Befragte ohne Migrationshintergrund. KI könne demzufolge helfen, Recruitingprozesse fairer zu gestalten und Diskriminierung zu beseitigen – was uns Menschen häufig nicht zu 100 % gelingt. Auf den ersten Blick ist dieser Gedanke naheliegend und verspricht mittels KI eine vielfältige Zukunft. Denn natürlich ist es auch erstrebenswert, Unternehmen diverser zu gestalten und allen Menschen die gleichen Chancen zu geben, unabhängig von Aussehen, Religion, Behinderung oder sexueller Orientierung.
Doch genau das klappt in der Realität nicht: Manche Programme erkennen beispielsweise Schwarze Personen nicht. Und auch Frauen werden von KI systematisch benachteiligt. Der Grund: die Datensätze, mit denen die KI trainiert wird. Sind also in der Vergangenheit viele Männer (oder auch weiße Personen) eingestellt worden, nimmt die KI an, dass Männlichkeit (oder Weißsein) gleichbedeutend mit Erfolg oder Kompetenz sei. Das ist zum Beispiel bei Amazon passiert. Die KI kann im Recruiting also nicht unbedingt für mehr Vielfalt sorgen – stattdessen verstärkt KI Diskriminierung.
Wie KI im Recruiting OK wird
Klar ist: KI im Bewerbungsprozess vollumfassend einzusetzen, ist bei dem aktuellen Stand eher bedenklich und kritisch zu betrachten. Dennoch zeigt sich anhand der aktuellen Entwicklung und Trends, dass KI auch im Recruiting immer essenzieller wird und der Einsatz wachsen wird. Und KI kann gerade Unternehmen, die kontinuierlich nach neuen Mitarbeitenden suchen, beim Recruitingprozess unterstützen. Im besten Fall bietet die KI sowohl dem Unternehmen als auch den Bewerber*innen einen Mehrwert und wird in ihrem Einsatz transparent gemacht. Dafür ist es nötig, die eingesetzte KI immer wieder zu kontrollieren und zu optimieren – in der Hoffnung, dass die KI im Recruiting tatsächlich so vorurteilsfrei ist, wie wir es von uns Menschen oft nur wünschen können.